Interview Sebastian Stahl
Freiwilligenarbeit im Fußball: Erfahrungsbericht aus Südafrika

Coach Sebastian engagiert sich für die Young Bafana Academy in Südafrika – und erzählt hier von seinen Erfahrungen.
Young Bafana Academy
Foto: Sebastian Stahl

Sebastian Stahl, 36, kennt den Fußball aus vielen Perspektiven: als Spieler, Pädagogischer Leiter sowie B+- und Athletiklizenztrainer im NLZ und im Reha-Bereich. Heute ist er Lehrer an einer Eliteschule des Sports in Frankfurt am Main. In den Ferien hat er sich für ein Fußballprojekt in Südafrika engagiert: Die Young Bafana Academy in der Nähe von Kapstadt.

Die Young Bafana Academy ist ein Fußballprojekt für Kinder und Jugendliche in Südafrika. Neben fußballerischen Skills bekommen die Jungen und Mädchen dort auch regelmäßige Mahlzeiten, Unterricht und können Selbstvertrauen und Lebensperspektiven sammeln. Ziel ist es, den Kreislauf der Armut zu durchbrechen. Wie sein Engagement bei Young Bafana (YB) genau aussah und was ihn am meisten beeindruckt hat, wollten wir von Sebastian wissen.

Sebastian, wie bist du auf die Idee gekommen, dich in der Young Bafana Academy zu engagieren?

"Der Kontakt kam vor drei Jahren über die App Clubhouse zustande. Nach einem Talk meinte einer der Unterstützer der Academy zu mir, ich sei dort immer herzlich willkommen. Der Kontakt ist dann nie abgerissen und jetzt, in den Osterferien 2023, hat es endlich zeitlich gepasst und ich bin für zwei Wochen nach Südafrika gereist!

Wie sah dein Alltag in Südafrika aus? Was waren deine Aufgaben?

Das Team der Academy besteht aus mehreren Trainern und Interns, die die 200 Kinder und Jugendlichen betreuen. Ich durfte in jedes Team und alle Bereiche hineinschauen und habe selber einige Workshops für die Spieler und Coaches gegeben.

Meine Tage sahen ungefähr so aus, dass ich morgens erst mal ein bisschen Freizeit in meinem total schönen Guesthouse verbringen konnte. Dann bin ich vormittags zur Akademie gefahren und war dort bei den beiden täglichen Trainingseinheiten, den Trainingsplanungen und Besprechungen dabei. Zwischen den Einheiten hatte ich immer wieder Kontakt zu anderen Trainern, habe über das erste Training reflektiert und mich über die Spieler unterhalten.

Abends, nach der zweiten Trainingseinheit, hieß es für mich dann immer: den Sonnenuntergang auf dem Bolzplatz bestaunen. Ein unfassbares Bild.

An was genau hast du mit den Spielern gearbeitet?

Mir persönlich ist neben der sportlichen Entwicklung vor allem die Persönlichkeitsentwicklung der Kinder wichtig. Denn, sind wir mal ehrlich, nicht alle Spieler werden es in den Profifußball schaffen und vom Fußballspielen leben können. Gibt man ihnen aber Werte und Selbstvertrauen mit, können sie trotzdem aus dem Training viel Wertvolles fürs Leben mitnehmen.

Young Bafana Academy
Sebastian Stahl
Lehrer und Fußballtrainer Sebastian Stahl in Südafrika.

Kannst du mal ein Beispiel geben?

Ein Beispiel ist die"Boss-Spielform". Wir haben vorher mit den Kindern erarbeitet, was ein Boss ist. Also: Eine selbstbewusste Körpersprache, Brust raus, Kopf hoch. Das haben wir dann im Training angewandt.

Oder das Thema Entscheidungen. Mir war wichtig, das Training so auszulegen, dass die Spieler in der Lage sind, eigenständig Entscheidungen treffen zu können. Schließlich müssen sie später auch außerhalb des Platzes jeden Tag Entscheidungen treffen: in der Schule, im Job, wenn sie später Familie haben. Und wenn sie nie gelernt haben, wie das geht, wird das im wirklichen Leben sehr schwer.

Das zeigt ja, wie groß die Rolle des Fußballs ist für die Kinder, die in den Townships in Armut aufwachsen.

Fußball in den Townships ist für viele nicht nur Lebensinhalt, sondern auch lebenserhaltend. Indem er die Jungs und Mädels von der Straße holt und sie davor bewahrt Dummheiten zu machen. Das ist auch das Leitbild von Young Bafana. Ins Leben gerufen wurde das Projekt übrigens im Zuge der WM 2010 in Südafrika. Um die Gelder, die das Land damals bekommen hat, langfristig anzulegen und zu verhindern, dass die Aufmerksamkeit nur ein kurzfristiger Hype war.

Wie ist das Leistungsniveau bei Young Bafana? Wird jedes Kind aufgenommen, dass mitmachen möchte.

Es gibt unterschiedliche Teams, die jeweils unterschiedliche Niveaus haben. In der U16 zum Beispiel gibt es ein Breitensport-Team, da kann jeder mitmachen. Bei den anderen Teams findet dagegen eine Vorauswahl statt. Vom Niveau her würde ich sagen: Die müssen die sich nicht vor unseren Nachwuchsleistungszentren verstecken!

Kannst du ein paar Beispiele von Situationen geben, die dir besonders im Gedächtnis geblieben sind?

Wie dort gejubelt und gefeiert wird, hat mich sehr beeindruckt. Ich war bei einigen Turnieren und Spielen dabei. Ganz krass war ein Spiel der U14, die kurz vor Schluss noch den Ausgleich geschafft haben. Und es war eine Riesenstimmung drumherum, von allen Mannschaften, den Eltern, Trainer. Ich habe mich da bewusst zurückgehalten. Das war Fußball und Emotionen und Lebensfreude at its best. Da hat sich so viel Kampfesgeist und Mannschaftszusammenhalt in einer Situation entladen. Sowas berührt mich total.

Dann war natürlich schön zu sehen, wie mein Coaching angekommen ist. Beim letzten Training, das ich gegeben habe, wussten die Spieler, was mit Boss gemeint war, wurden wirklich größer, konnten plötzlich laute Anweisungen geben. Und abgesehen davon habe ich an meinen freien Tagen auch so unfassbar schöne Dinge gesehen: Den Sonnenuntergang auf dem Tafelberg und den Sonnenaufgang auf dem Lion’s Head – das ist so schön, das kann man nicht in Worte fassen.

Young Bafana Academy
Sebastian Stahl
Bei manchen Kindern ist die einzige Mahlzeit des Tages das Essen in der Akademie.

Was konntest du, oder können wir alle, lernen von den Spielern in der Academy?

Ein großer Unterschied ist der Umgang mit Hindernissen. Wir versuchen in Deutschland oft, den Kindern jedes Hindernis aus dem Weg zu räumen. Wir geben ihnen den fünften Individualtrainer und den sechsten Psychologen, um möglichst gut zu trainieren – beides halte ich grundsätzlich für wichtig. Aber Hindernisse können einen auch weiterbringen.

In der Academy spielen die meisten Kinder barfuß auf – nach unseren Maßstäben – beschissenen Plätzen. Aber dadurch lernen sie beidfüßig den Ball perfekt zu kontrollieren. Das ist Wahnsinn, wie die mit dem Ball umgehen können. Und es beschwert sich keiner. Im Gegensatz dazu kenne ich ehemaligen Spieler von mir, die sich beschwert haben, wenn sie von Kunstrasen auf Naturrasen gehen mussten.

Wie kann man diese Erkenntnis hier anwenden?

Fußballerisch bringt es extrem viel, den Ball auf möglichst unterschiedliche Arten zu spielen: Barfuß, auf Socken, in Straßenschuhen. Das ist nichts anderes als differenzielles Lernen und bringt einen in Sachen Ballkontrolle super weiter.

Dann lohnt es sich auch, auf unterschiedlichen Untergründen zu spielen. Und damit meine ich jetzt nicht nur Kunstrasen oder Naturrasen. Sondern so etwas wie quer übers Feld oder durch den Wald dribbeln, den Ball über Äste, Baumstämme lupfen. So bekommt man ein Gefühl dafür, wie man mit dem Ball auch in unvorhersehbaren Situationen umgehen muss. Das kann kein klassisches Fußballtraining bieten.

Was hast du für dich selber mitgenommen?

Ich würde behaupten, ich bin immer schon ein dankbarer, reflektierter Mensch gewesen. Aber die Reise dorthin hat mich noch mehr bestärkt, das zu tun, was man liebt und sich für Dinge einzusetzen. Wie unsinnig das Meckern, die Unzufriedenheit ist. Es gibt so viele Dinge, die das Leben lebenswert machen.

Welche Tipps hast du für Menschen, die sich auch engagieren wollen.

Wenn man sich bei Young Bafana engagieren will, ist das relativ einfach. Man findet alle Infos auf der Homepage und kann auch mich selber gerne anschreiben. Der Prozess ist dann so, dass man einen kurzen Abriss mit Lebenslauf, Motivationsschreiben schickt und einen kurzen Videocall zum Kennenlernen macht. Und wenn alles passt, kann man einen Termin zum Hinfliegen vereinbaren. Bei der ganzen Planung und Logistik unterstützt Young Bafana aber natürlich.

Das Ganze kann man natürlich auch ohne krassen Fußballbezug machen. Es geht ja auch um Bildung, Ernährung, Betreuung – da gibt es ganz viele Ansätze, wo Menschen mit unterschiedlichen Skills ihren Beitrag leisten können. Spenden bringt natürlich unheimlich viel. Da reden wir von 15 Euro im Monat. Das ist für die meisten von uns nicht viel Geld. Und damit kann ein Kind dort dann jeden Tag etwas essen.

Wie geht es für dich weiter? Wirst du noch mal nach Südafrika fahren?

Auf jeden Fall. Der Plan ist, dass ich als Coach und Entwickler aus Deutschland heraus und immer mal wieder vor Ort in Südafrika fungieren soll. Ich habe mir fest vorgenommen, möglichst bald wieder hinzufahren."

Vielen Dank Sebastian für das Interview.

Mehr Infos und Kontakt zu Sebastian gibt's bei Instagram @sebastian_stahl_coach und alle Infos zu Young Bafana findet man auf der Homepage. Einen aktuellen Beitrag über Sebastian gibt es auch von der Hessenschau.

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Erscheinungsdatum 11.04.2024