Vergleich Männer- und Frauenfußball
5 wichtige Unterschiede zwischen Männer- und Frauenfußball

Nein, keiner ist besser oder schlechter. Aber es gibt Unterschiede. Wo diese liegen – und in welchen Bereichen die Fußballerinnen ihren männlichen Kollegen voraus sind.
5 wichtige Unterschiede zwischen Männer- und Frauenfußball
Foto: Imago Images

Die WM in Australien und Neuseeland steht an. Und mittlerweile schaffen es immer mehr Leute, auf den umstrittenen Begriff "Frauenfußball" zu verzichten. Der impliziert schließlich, dass der „echte“ Fußball nur von Männern gespielt wird und Frauen eben keinen echten Fußball spielen. Letzteres stimmt natürlich nicht, und darum ist es gut, wenn wir jetzt alle von der WM reden, und nicht von der "Frauen-WM".

Trotzdem gibt's ein paar objektive, nicht unwichtige Unterschiede zwischen dem Fußball der Frauen und dem der Männer, die wir hier mal kurz erörtern wollen:

Klare Unterschiede: Physis und Tempo

Männer sind im Durchschnitt größer, schwerer und haben mehr Muskelmasse als Frauen. Dadurch können sie härter schießen und schneller und mehr sprinten. Das Spiel ist insgesamt schneller.

Das muss kein Nachteil sein. Es gibt Theorien, dass genau deshalb Frauenfußball irgendwann interessanter sein könnte als Männerfußball. Der Grund: Die männlichen Fußballer könnten irgendwann zu schnell und athletisch werden, sodass es kaum noch Spielzüge gibt sondern übermäßig viel "planloses Rumkämpfen und Rumgekicke im Mittelfeld". Im Gegensatz dazu kann der Frauenfußball mit seinen Spielzügen dann interessanter sein.

Immer ein Problem: Das Geld

Die Schere zwischen männlichen und weiblichen Profis ist im Fußball absurd hoch: Bei der EM 2022 etwa gab es insgesamt 16 Millionen Euro an Prämien für die Spielerinnen von der UEFA. Zum Vergleich: Bei der EM der Männer 2021 gab es 331 Millionen für die Spieler. Übrigens: Im Gegensatz zum DFB zahlen die Verbände in den Niederlanden und Schweden den Frauen die gleichen Prämien. In Deutschland sagt der DFB: Die Prämien der FIFA müssten den Spielerinnen reichen, der DFB wird diese nicht aufstocken. Das wären bei einem Titelgewinn umgerechnet 252.000 Euro für jede Spielerin. Die Männer hätten bei einem Titelgewinn in Katar 400.000 Euro bekommen.

Im Hinblick auf die Gehälter in den Vereinen fordert übrigens fast niemand im Frauenfußball Gleichstellung mit den Männern - zu astronomisch sind die Summen. Vielmehr wird gerade über einen Mindestlohn in der 1. und 2. Liga diskutiert.

Nicht weniger, aber anders: Der Sportsgeist

Frauen provozieren, diskutieren und schauspielern weniger im Spiel. Das berichten auch Schiedsrichter, die Männer- und Frauenspiele pfeifen, wie zum Beispiel Franziska Koch. Natürlich kann man hier nicht per se verallgemeinern, auf beiden Seiten gibt es Ausnahmen.

Das Phänomen ist aber sogar wissenschaftlich belegt: In einer Studie aus dem Jahr 2011 stellten Wissenschaftler fest, dass Frauen das Spiel nach Unterbrechungen nach durchschnittlich 54 Sekunden fortsetzen, während Männer dazu 79 Sekunden brauchen. Und woran liegt das jetzt? Spielanalyst Malte Siegle aus dem Forschungsteam vermutet: "Entweder nehmen die Frauen beim Spielen mehr Rücksicht aufeinander und verletzen sich dadurch weniger, oder die Männer setzen einfach mehr auf den Showeffekt und machen noch ein, zwei Rollen mehr am Boden, um den Schiedsrichter dazu zu bringen, die gelbe oder rote Karte gegen den Gegner zu zücken."

Publikumsliebling: Die Authentizität

Im Gegensatz zu vielen ihrer männlichen Kollegen zeigen sich Fußballerinnen oft nahbarer und artikulieren offener politische Haltungen. Männliche Profis stehen unter enormer medialer Beobachtung und wirtschaftlichem Druck vonseiten der Vereine und Sponsoren, aktivistische oder politische Äußerungen sind für sie oft nicht so leicht möglich.

In besonderem Maße lässt sich das am Thema Homosexualität beobachten. Im Profi-Männerfußball noch immer ein Tabu - bis heute gibt es keinen geouteten aktiven Bundesliga-Spieler. Im Frauenfußball dagegen ist die Akzeptanz deutlich höher, viele Spielerinnen, wie die Amerikanerin Megan Rapinoe, setzen sich aktiv für die Rechte der LGBTQ-Community ein.

Ein wichtiges Thema: Die Wertschätzung

Obwohl Profi-Spielerinnen genausoviel und so intensiv trainieren, wie männliche Spieler, erfahren sie nicht den gleichen Respekt. Viele müssen trotz Engagement in der Bundesliga nebenbei arbeiten.

Auch bei der WM gibt es nicht die gleiche mediale Aufmerksamkeit wie bei den Männern. Zwar gibt es mittlerweile Stickeralben, ein paar Protagonistinnen sind öffentlich bekannt. Aber trotzdem haben sich zum Beispiel ARD und ZDF bis zuletzt schwergetan, die Summe für die Übertragungsrechte aufzubringen. Die Forderung der FIFA lag 2023 bei 10 Mio. Euro pro Sender (was ihnen zu viel war) - für die WM der Männer in Katar zahlten die Sender zusammen 214 Millionen Euro. Ja, genau: Mehr als das Zehnfache.

Frauen haben andere körperliche Voraussetzungen, die sich auch in der Dynamik des Spiels widerspiegeln. Auf der anderen Seite bietet der Wegfall des großen medialen und wirtschaftlichen Drucks, unter dem der Männerfußball steht, Raum für mehr Authentizität und Offenheit. Da Frauenfußball als Sportart außerdem erst vergleichsweise jung ist, ist damit zu rechnen, dass die Professionalisierung und auch die Anerkennung in Zukunft steigen werden.

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Erscheinungsdatum 16.04.2024